Alois C. Braun: Interview mit Kissin´Dynamite

„Generation Goodbye“ – Powermetal mit Anspruch von Kissin‘ Dynamite

Sänger Hannes und Drummer Andi im Interview

von Alois C. Braun – Fotos: Sandra Eichner

Kissin‘ Dynamite auf Promotour: Morgens Nürnberg, nachmittags München und abends noch nach Paris. Sänger Hannes Braun und Drummer Andi Schnitzer haben ein straffes Programm. er-em-online Autor Alois C. Braun traf die beiden auf ihrer Tour in Etterzhausen zum Gespräch – und auf ein leckeres Mittagessen. Die Band hat für ihr neues, erstmals komplett selbst produziertes Album „Generation Goodbye“ nicht nur musikalisch jede Menge Powermetal-Songperlen aufgenommen, sondern auch textlich Inhalte fernab des happy-go-lucky-Mainstream zu bieten. Und dass man auch auf ungute Entwicklungen mit einem Augenzwinkern sehen kann, beweist nicht nur das Video zu „Hashtag Your life“.

Wie fühlte es sich an, ohne externen Producer zu arbeiten? Gab es nicht doch Situationen, in denen euch eine Meinung von jemanden außerhalb der Band geholfen hätte?

Hannes: Unsere Verantwortung stieg sowieso von Album zu Album, wir haben immer mehr Entscheidungen selbst getroffen. Das heißt, der Schritt zu „Generation Goodbye“ war nicht mehr so groß, sondern der Abschluss einer Entwicklung. Als wir den ersten Profivertrag bekamen waren wir sehr jung und froh mit einem Produzenten zu arbeiten. Aber im Laufe der Zeit wurde unsere Eigenverantwortung immer größer und mit dem neuen Album hatten wir mit mir als Produzenten zum ersten Mal die komplette Kontrolle. Ich hatte immer Input von der Band und habe niemanden von außen vermisst.

Andi: Wir als Band haben ja eine ganz andere Perspektive auf die Produktion als Hannes. Wir können ihm sagen, dass es eigentlich schon lange geil klingt und nichts mehr verändert werden muss. Mir als Texter geht das ja nicht anders. Wenn ich nicht mehr weiterkomme mit einem Text, dann frag ich auch Hannes, was er von diesem oder jenem hält. Im Klartext: Da wir uns immer gegenseitig helfen und unterstützen, kam bei der Produktion nie das Gefühl auf, dass wir jemanden externen bräuchten.

Hannes: Wir sind selbst unsere größten Kritiker! Und ich denke, wir haben es mit „Generation Goodbye“ geschafft, nochmals einen draufzusetzen.

In der CD-Kritik der Kollegen von „Rock it!“ wurde dem neuen Album ein „wesentlich differenzierterer Sound“ als noch auf „Megalomania“ bescheinigt.

Hannes: Darüber habe vor allem ich mich sehr gefreut. „Generation Goodbye“ ist das erste komplett von mir alleine produzierte Album. Ich denke, dass der gute Sound mit daran liegt, das wir wirklich viel Zeit und Arbeit reingesteckt haben. Insgesamt knapp ein Jahr und drei Monate. Normalerweise hast du als Produzent ja ein Zeitraster vorgegeben in dem die Arbeit fertig sein muss. Bei Kissin‘ Dynamite hatte ich das nicht. Außerdem hast du als Band ja eine konkrete Vorstellung von deinem Sound. Diesen musst du einem Produzenten erst vermitteln und er muss es dann umsetzen. Das heißt , da ist noch eine Person, der du dein Klangziel klarmachst und die das umsetzen muss. Das Ergebnis wird deshalb nie 100%ig sein. Wenn ich selbst produziere, weiß ich worauf ich hinarbeite und kann gezielt unseren gewünschten Sound verwirklichen.

Die Texte der Scheibe sind vor allem bzgl. technischer Entwicklungen auf dem Kommunikationssektor kritisch. Ist das mehr augenzwinkernd gemeint?

Andi: Grundsätzlich sind wir schon eine Partyband, die nicht den Zeigefinger erheben will. Entsprechend kritisieren wir nicht, wir zeigen Entwicklungen auf und geben positive Denkansätze. Nach dem Motto: Jetzt besinnen wir uns mal wieder auf das Zwischenmenschliche, lassen das Handy zuhause, rocken bei Konzerten richtig ab und gehen nicht nur hin, um zu filmen und zu posten. Es ist ja eine positive Aussage, die Leute dazu zu animieren, sich wieder mehr das echte Leben zu gönnen.

Hannes: Wir wollen Alternativen aufzeigen, die Spaß machen. Es ist doch doof zusammenzusitzen und nur über What’sApp zu kommunizieren. Wir sagen: Leute, redet miteinander, das ist geil. Aber natürlich ist der Hintergrund ein ernster. Vor allem, wenn man tagtäglich sieht, das Kids total unreflektiert Hass und ähnliches weiterverbreiten. Sachen wie „Facebook“ sind ja grundsätzlich toll, aber es ist die Entscheidung des Einzelnen, was er daraus macht, wie er damit umgeht. Auch ein Auto ist eine tolle Erfindung, aber man kann es ebenso benutzen, um jemanden zu töten.

„Hashtag Your Life“ ist ein witziges Video über den Wahnsinn alles posten zu müssen und ständig online zu sein. Seid ihr auch privat oft, zu oft, auf Facebook oder Twitter unterwegs?

Hannes: Einige in der Band sind in sozialen Netzwerken unterwegs und natürlich auch die Band als solche. Wir nutzen das positiv als Werbeplattform. Du wirst aber nie erleben, dass wir, wie schon angesprochen, Hass, Lügen oder ähnliches verbreiten – oder gar posten, wer von der Band gerade am Klo sitzt. Wenn wir uns privat treffen, dann bleibt das Handy in der Tasche und somit hat Facebook auch keine Wichtigkeit in dieser Zeit. Ansonsten sind soziale Netzwerke eine super Sache, um News und wichtige Dinge über die Band schnell und gezielt an die Fans zu verbreiten. Viele benutzen die sozialen Medien als Ersatzwelt, das ist natürlich nicht gut. Man muss es gezielt einsetzen.

Andi: Für eine Band ist es ein wichtiges Tool, um die Leute zu erreichen. Ich privat war noch nie auf Facebook und hatte auch noch nie den Drang danach (lacht). Lustigerweise sagen viele, denen ich das sage, nach der ersten Skepsis „eigentlich bin auch nur noch sporadisch auf Facebook“.

Bei „Masterpiece“ habt ihr als Gastsängerin Jennifer Haben von „Beyond The Black“ dabei. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Hannes: Die Musiker von „Beyond The Black“ kenne ich schon lange. Mit Jenny habe ich schon früher zusammengearbeitet, habe Songs für die Band geschrieben und ihre beiden Alben mitproduziert. Auf der ersten Scheibe singe ich den Song „Pearl In A World Of Dirty“, eine klassische Liebesballade, mit Jenny. „Masterpiece“ ist nun praktisch das Gegenstück dazu, da ist die Liebe zugrunde gegangen. So schließt sich der Kreis.

Andi, du schreibst die Texte. Wie läuft das ab, bist du in stetigen Kontakt zu Hannes, der die Songs ja singen und überzeugend rüberbringen muss?

Andi: Grundsätzlich sammelt die ganze Band ständig gute Slogans. Aus dieser Sammlung entwickeln sich dann Refrains, Texte und die Songtitel. Zunächst singt Hannes meistens ein Babbel-Englisch, wo schon mal die Silbenzahl und die Reime passen. Das ist für mich die Vorlage, um sinnvolle Texte auszuarbeiten.

Hannes: Die Slogans stammen von uns allen und ich gehe sie durch und checke, was mich sofort anspricht und inspiriert. „She Came, She Saw“ ist ein gutes Beispiel dafür (singt den charakteristischen Rhythmus des Refrains). So steht dann oft schon das Wesentliche des Songs beim Checken des Materials. Wir sind aber beim Texten in stetigem Kontakt zueinander und Andi bekommt immer Feedback, wenn es irgendwo noch nicht ganz passt. Deshalb kann ich mich mit den Texten immer identifizieren.

Gerade auf „Generation Goodbye“ sind aber auch private Erlebnisse von Andi verarbeitet.

Hannes: Einen guten Schreiber macht aus, dass er zwar von einer konkreten Geschichte für einen Song inspiriert ist, daraus aber einen Text macht, in dem sich die Leute selbst erkennen können. Nimm die Ballade „If Clocks Were Running Backwards“, jeder weiß sofort, um was es geht, jeder kann die Situation nachvollziehen, jeder weiß, was Trennung bedeutet. Das kann ich mit Überzeugung und echter Emotion singen. Ein anderes Beispiel ist „Somebody To Hate“, eine Aggronummer. Jeder kennt jemanden, den er nicht leiden kann, dem er gerne mal den Stinkefinger zeigen will. Das kann man nachvollziehen.

Andi: Oft bekomme ich auch Musik von Hannes und die Stimmung des Titels inspiriert mich sofort zu einem Text, der in eine gewisse Richtung geht.

Ihr spielt ja viel live, der Tourplan bis Ende 2016 ist voll. Wie wichtig ist für euch die Bühne?

Andi: Ich würde sagen, dass der Live-Gig das Nonplusultra ist, wenn man Musik macht. Das ist die Königsdisziplin, da trennt sich trotz aller technischer Möglichkeiten immer noch die Spreu vom Weizen. Da musst du überzeugen, deshalb freuen wir uns auf jede Tour.

Hannes: Wir schreiben die Songs auch, um sie auf die Bühne zu bringen. Schon beim Songwriting stellen wir uns vor, wie das Stück in einer vollen Halle rüberkommen wird. Wir haben gerne catchy Mitsingmelodien. Unsere Konzerte sollen ein Happening mit den Fans sein, wir wollen mit ihnen eine Einheit bilden. Sie sollen einen Event erleben, an den sie sich gerne erinnern. Deshalb lassen wir uns auch für die Bühnenshow immer ganz viel einfallen.

Kissin‘ Dynamite spielen am 23. Juli am Pförringer Open Air, am 10. November im Nürnberger Hirsch und am 19. November im Backstage, München. Das neue Album „Generation Goodbye“ erschien am 8. Juli 2016.

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