Interview: Michaela Dichtleder – Fotos by Tobi Klein
Unsere Fans der „neuen deutschen Härte“ Michaela und Tobi, haben keine Kosten und Mühen gescheut und sich auf den Weg nach Cham gemacht um den Gig von Megaherz zu besuchen. Dabei trafen sie auf den sehr aufgeschlossenen Sänger Alexander „Lex“ Wohnhaas und baten zum Interview.
Du bist ja jetzt noch nicht geschminkt, wie lange braucht ihr da immer oder habt ihr da extra ein Team dafür?
Wir schminken uns zum Teil selbst und den anderen Teil übernimmt dann unser Toningenieur, der ist quasi unser Maskenbildner. Das machen wir dann immer ne Stunde vorm Auftritt, das ist dann so unser Ritual, dass wir uns dann schminken.
Werdet ihr dann auf der Straße ohne Schminke überhaupt erkannt?
Es ist tatsächlich so dass die Maske so einen Inkognito-Effekt hat. Ich werde zwar schon ab und zu erkannt aber gar nicht mehr so oft wie früher, das ist aber für mich ganz in Ordnung, so kann ich dann mal ganz entspannt auf ein Rockkonzert gehen. Man erkennt mich dann meistens erst wenn einer damit anfängt ein Foto haben zu wollen. Das ist schon ziemlich entspannt alles dann.
Welche Bands hörst du dann privat?
Queer Beet. Ich hör viel Metal, da aber eher das ältere Zeug. Disturbed, Korn, Slipknot und sowas find ich auch geil. Natürlich hör ich auch viel alte Rockmusik. Also von Gothic halt ich nicht so viel davon, das ist nicht so meins. Wir sind zwar grad in dieser schwarzen Szene sehr beliebt, da haben wir aber andere Bandmitglieder die da ihre Präferenzen haben. Also bei uns in der Band ist das ne gesunde Mischung von Metal bis Gothic, da ist alles dabei.
Also bist du auch durch deinen Musikgeschmack auf die Band gekommen?
Nein, das ist ne ganz andere Geschichte. Ich kannte Megaherz natürlich schon ziemlich lange aber nicht so intensiv, dass ich jeden Song kannte. Es war eigentlich damals ein Hilferuf von Megaherz, weil der damalige Sänger ausgestiegen ist. Die hatten aber noch eine Show in Russland und deswegen wurde ich dann damals kurzfristig über meinen Manager gefragt ob ich da Bock hätte einzuspringen und auszuhelfen. War also wirklich erst mal nur ein Aushilfsjob. Dann hab ich die Band getroffen und wir fanden uns alle gleich sympathisch, haben auch ein paar Proben gemacht. Ja, dann sind wir ins kalte Wasser gesprungen und haben die Show gemacht. War dann echt ein super Konzert. Danach haben wir dann gesagt wir probieren das mal langfristig.
Habt ihr in der Band dann auch Meinungsverschiedenheiten?
Ja, musikalisch immer. Das gehört aber auch dazu. Man kann also sagen, wenn wir ins Studio gehen und einen neuen Song schreiben oder ein neues Album schaffen, dann ist das immer zwischen Lust und Frust, zwischen Kampf und Leidenschaft. Das ist aber dann auch nie böse gemeint, also auf persönliche Art und Weise streiten wir uns nicht, es geht dann immer nur um die Musik. Letzten Endes macht das auch die musikalische Entwicklung von Megaherz aus, dass wir sehr viele Einflüsse da rein verarbeiten. Gerade bei dem letzten Album Zombieland ist eins der schönsten Alben die wir gemacht haben, gerade wegen den abwechslungsreichen Songs.
Was sagst du dann zu eurer letzten EP?
Eigentlich ist Erdwärts wie so ne Weiterführung was wir schon auf Zombieland gemacht haben. Natürlich viel, viel komprimierter, es sind ja nur 4 neue Songs und 2 Remakes. Natürlich wenn du jetzt 10 oder 12 neue Songs hast, kannst du natürlich eine breitere Palette abdecken. Ich glaub aber das wir auf Erdwärts zwischen Hart und Ballade alles drauf haben. Mit Glorreichen Zeiten auch etwas Hymnenartiges. Es ist also ähnlich abwechslungsreich wie Zombieland.
Sind eure Texte dann eher fiktiv oder selbst Erlebtes?
Teils teils, also es gibt natürlich schon Geschichte die selbst erlebt sind. Einsam ist zum Beispiel ein Song, den ich schon vor 10 Jahren geschrieben habe, als es mir mal selbst dreckig ging in einer Beziehung und ich mich dann eben mal so einsam gefühlt habe und ganz viele dumme Sachen gemacht habe um diese Frau zu beeindrucken und wieder zurück zu gewinnen. Irgendwann kam dann mal der Augenblick, da hab ich mich gefragt ob es das ist was ich will, will ich mich wirklich so erniedrigen und wie ein Depp anstellen. Eigentlich bin ich ja selbst Schuld wie ich mich gerade fühle, so kam dann die Idee zu diesem Text. Da gibt’s dann viele Texte die auf autobiografischen basieren. Es gibt aber auch oft Texte die wir bei uns haben, die einfach allgemeine Themen im Leben aufgreifen. Diese Texte sollen dann eben viele Menschen ansprechen, wie bei für immer, da geht es um Trauer und Erinnerungen an liebe Menschen. In solchen Songs können sich viele Menschen identifizieren. Das ist also immer so ein Spagat den wir machen, zwischen authentischen Geschichten und Themen die uns interessieren. Manchmal lass ich mich aber auch von Fans inspirieren, zum Beispiel bei Mann im Mond oder Rabenvater. Durch eine längere Briefbeziehung erfuhr ich da von häuslicher Gewalt zwischen Vater und Tochter. Und zusammen mit diesen Leuten mache ich dann aus der Geschichte einen Text.
Du hast ja gerade über „für immer“ geredet, in dem Video seid ihr ja in einem Lost Place (Verlassenen Ort), wie seid ihr darauf gekommen?
Also das ist ein ganz bekannter Ort in Berlin, das ist eine ehemalige Heilanstalt für Lungenkranke. Da hat glaub ich sogar schon Rammstein ein Video gedreht. Das ist ein sehr beliebter Spot zum Drehen und zum Fotoshooting machen. Für mich ist das auf jeden Fall ein magischer Ort, wenn du da durch läufst. Diese verlassenen Gebäude aus den 20er Jahren, das hat schon etwas Gespenstisches. Ich hatte tauch wirklich Gänsehaut beim Drehen. Auf den Ort ist jemand von unserer Plattenfirma an uns heran getreten, wir kannten den natürlich nicht. Auch unser neues Video zu „Einsam“; ist an einem ähnlichen Ort entstanden, auch in Berlin. Das ist die Rosenvilla, das ist lustiger weise in „Keinohrhasen“ die gleiche Lokation wo der Kindergarten drinnen ist. Von außen her ist es sehr verfallen aber innen drinnen wunderschön. War auch eine sehr magische Lokation.
Du schreibst ja nebenbei auch noch Bücher, wie kommst du auf die Ideen dazu?
Also Blutzoll mein neuer Roman, ist glaub ich ein sehr authentisches, was sehr brandaktuelle Themen beinhaltet. Es ist sogar politischer geworden als ich anfangs geplant habe. Angefangen hat das Ganze als ich mich mit einem sehr guten Freund unterhalten habe, der ist Hauptfeldwebel und hatte auch schon 3 länger Aufenthalte in Afghanistan, der hat mir sehr viel erzählt. Über 2 Jahre hinweg haben wir immer wieder länger Gespräche darüber geführt. Da entstand dann eben die Idee über den Söldner, der mit vielen Toten und anderen Problemen zu tun hatte. Das ganze spielt in einem sogenannten Problemviertel, mit hohem Ausländeranteil. Da hab ich sehr viel rein gepackt und ich glaube es ist mir auch sehr gut gelungen eine spannende Geschichte zusammen zu fassen. Ich hab auch 3 ½ Jahre daran gearbeitet und sehr viel dafür recherchiert, sogar den Koran hab ich dafür gelesen.
Hast du bei deinen ganzen Projekten überhaupt noch Zeit für dich oder Familie?
Ja, die nehme ich mir dann. Ich lebe ja als Künstler, da kann ich mir meine Zeit schon einteilen. Ist natürlich nicht so einfach aber ich kann mich gut damit arrangieren.
Wie würdest du dann deine Traumfrau beschreiben?
Ehrlich gesagt, wenn man jetzt so aufs körperliche geht, ich steh auf nen Knackarsch. Busen ob groß oder klein ist mir jetzt nicht so wichtig. Natürlich hat man halt so gewisse Dinge die man bevorzugt. Aber nach all den Jahren ist es wichtig das man einen Menschen findet der es mit einem Aushält und ich mit ihm, das ist das allerwichtigste. Es ist immer so, man verknallt sich oder man verknallt sich nicht.
Wie steht ihr eigentlich zum Gründungsmitglied Alexander Wesselsky?
Wir haben da ein ganz lockeres Verhältnis zueinander, Alex und ich kennen uns. Wir waren auch schon öfter mal einen trinken. Offiziell wird ab und zu mal der Kinnhaken geteilt. Also inzwischen ist das alles relativ entspannt und wir können drüber lachen. Der Hass wird eher von außen rein getragen.
Gab es einen Auftritt der dich richtig sprachlos gemacht hat?
Das letzte Mal als es mir so ging war tatsächlich. Das kann man gar nicht beschreiben, da geht man auf die Bühne und kommt wieder runter und weiß gar nicht mehr was gerade alles passiert ist. Das ist wie so ein Rausch, das flasht einem total. Aber es gibt natürlich mehrere besondere Konzerte. Wacken war auf jeden Fall geil, trotz dem schlimmen Wetters. Aber wir hatten ja unseren Nightliner und mussten nicht im Schlamm zelten.